ASCO 2022 - Neue Therapie­möglich­keiten bei Metastasiertem Brustkrebs

Dr. Tanja Schneider, Breast Cancer Advisor der Österreichischen Krebshilfe und National Representative von Europa Donna, über die neuen Therapiemöglichkeiten. 

Wien, am 7.6.2022. Autorin: Dr. Tanja Schneider, Breast Cancer Advisor der Österreichischen Krebshilfe und National Representative Europa Donna in Österreich.

 

Am 5.06. 2022 wurden in der Plenary Session die Ergebnisse der Destiny Breast 04 Studie von Shanu Modi präsentiert.

 

Destiny Breast 04:  A randomized, phase 3 study

Trastuzumab deruxtecan (T-DXd) vs treatment of physician’s choice in patients with HER2- low unresectable and/or metastatic breast cancer: (Shanu modi et al.)

Zur Erinnerung: HER2 (humaner epidermaler Wachstumsfaktor Rezeptor 2) ist ein Eiweiß (Protein) an den Oberflächen der Tumorzellen (Bindungsstelle für Wachstumsfaktoren). Wenn an den Tumoren viele Rezeptoren davon vorhanden sind, dann teilen sich die Tumorzellen häufiger bzw. wächst der Tumor schneller. Dagegen kann man zielgerichtet mit einer Antikörpertherapie vorgehen.

Der Grad des Vorhandenseins des HER2 Rezeptors wird durch einen „Score Wert“ im Befund angegeben. Dabei wird der IHC Test (Immunhistochemie) durchgeführt, der durch eine spezielle Färbung die HER2 Rezeptoren an der Oberfläche sichtbar macht. Wenn von ERBB2 gesprochen wird, ist auch der HER2 Rezeptor gemeint. Es ist lediglich eine andere Bezeichnung.

 

Welche Möglichkeiten gibt es nun im Befund beim HER2 Status:

Bisher:

0 :        HER2 Ausprägung negativ ➡️ Keine Antikörpertherapie

1+ :      geringe HER2 Ausprägung ➡️ Keine Antikörpertherapie

2++ :   mittelgradige HER 2 Ausprägung. Der Befund ist unklar und ein weiterer Test (In situ

            Hybridisierung) muss gemacht werden. Ist dieser Test positiv ➡️ Antikörpertherapie

3+++: bedeutet eine hohe HER2 Ausprägung. Man nennt es kurz HER2 positiv ➡️ Antikörpertherapie

 

Zusammengefasst:  Bisher gab es nur eine therapeutische Möglichkeit mit Antikörpertherapie für Patientinnen und Patienten, die entweder HER2 ++ und in der in situ Hybridisierung positiv waren oder die HER2 +++ im Befund stehen hatten.

Mit HER2 1+ oder 2++ hatte man keine therapeutische Möglichkeit. HER2 1+ und 2++ (in situ Hybridisierung negativ) wird auch HER2 low genannt.

Mit dem Ergebnis der Destiny Breast 04 gibt es nun erstmals ein Medikament, das Trastuzumab deruxtecan, kurz T-DX, das eine positive Wirksamkeit bei HER2low Patientinnen im metastasierten Setting zeigen konnte.

Die Destiny breast 04 setzt einen neuen Standard in der Therapie von HER2-low, HR+/HR- metastasierten Brustkrebs.

T-DXd konnte ein klinisch bedeutendes Ergebnis im PFS und OS gegenüber der bisherigen Standardtherapie zeigen.

Die Vorteile waren in allen Subgruppen ähnlich – auch wenn zuvor eine Therapie mit CDK 4/6 durchgeführt wurde.

Die Gruppe der eingeschlossenen Triple negativen Patientinnen war jedoch recht klein. 

In der gesamten Patientengruppe war das mediane PFS 9,9 Monate (im T-Dxd Arm) vs 5,1 Monate (bei Chemotherapie nach Wahl des Arztes) bei einer Hazard ratio von 0.50 und das OS war bei 23,4 Monaten (im T-DXd Arm) vs 16,8 Monaten (bei Chemotherapie nach Wahl des Arztes) bei einer Hazard ratio von 0.64. 

52,6 % der Patientinnen im T-DXd Arm und 67,4 % der Patientinnen mit Chemotherapie nach Wahl des Arztes hatten ≥ Grad 3 Nebenwirkungen. 

12,1 % der Patientinnen die Trastuzumab deruxtecan bekommen haben, hatten eine durch die Therapie bedingte Pneumonitis. 

 

Was ist das Trastuzumab deruxtecan?

  • T-DXd ist ein Antikörper-Wirkstoff Konjugat
  • Besteht aus einem humanisierten monoklonalen HER2-IgG1- Antikörper (gleiche Aminosäuresequenz wie Trastuzumab), der mit einem Linker an den Topoisomerase -I-Inhibitor Deruxtecan (= Derivat von Exatecan) gebunden ist.  

Wirkungsprinzip: „bewaffneter Antikörper“

  • Trastuzumab bindet an HER2 auf der Oberfläche der Krebszellen
  • In der Zelle wird Deruxtecan vom Linker abgespalten
  • Im Zellkern wird die Topoisomerase I gehemmt
  • Es kommt zu DNA- Doppelstrangbrüchen und schlussendlich zum Zelltod
  • Es wird als Infusion alle 3 Wochen verabreicht
  • Handelsname ENHERTU

Die Ergebnisse der Destiny 04 Studie führen zu praxisrelevanten Veränderungen in der Therapie.

Lesen Sie hier mehr zur Studie "Trastuzumab Deruxtecan in Previously Treated HER2-Low Advanced Breast Cancer"

 

 

Am 4.6.2022 gab es am ASCO die Oral session zum metastasierten Brustkrebs. Es folgt ein Ausschnitt der präsentierten Studien:

Primary results from TROPiCS-02:

Randomized phase 3 study of sacituzumab govitecan versus treatment of physician’s choice (TPC) in patients with hormonreceptor-positive/HER2 negative advanced breast cancer  (Hope S. Rugo et al. )

 

Hintergrund:

In der first line Therapie vom hormonabhängigen metastasierten Brustkrebs wird eine Kombination aus endokriner Therapie in Kombination von CDK 4/6 Inhibitoren empfohlen.

  • Die optimale therapeutische Sequenz nach Progression unter ET+ CDK 4/6 ist jedoch unklar
  • TROPiCS 02 ist eine Phase 3 Studie die sich die Wirkung von Sazituzumab govitecan bei Patientinnen mit einem stark vorbehandelten hormonabhängigen, Her2 negativen ,metastasierten Brustkrebs angeschaut hat
  • die Patientinnen haben davor schon eine endokrine Therapie, CDK 4/6 Inhibitoren und Chemotherapie (Taxan) erhalten.
  • Als Therapie im Vergleichsarm waren Capecitabin, Vinorelbin, Gemcitabin oder Eribulin zugelassen

Primärer Endpunkt der Studie war eine Verbesserung des PFS und da war das Sacituzumab govitecan gegenüber dem Vergleichsarm statistisch signifikant überlegen. - (PFS von 5,5 vs. 4,0 Monaten und Hazard Ratio von 0,66)

 

Was ist Sazituzumab Govitecan ?

  • Antikörper Wirkstoff Konjugat
  • Richtet sich gegen das Oberflächenantigen Trop-2 ,
  • Besteht aus dem monoklonalen Antikörper Sacituzumab + dem über einen Linker verbundenen zytotoxischen Wirkstoff SN-38 (Govitecan)
  • Sacituzumab bindet spezifisch an das Glykoprotein Trop-2 an der Oberfläche von Tumorzellen
  • SN 38 wird in der Zelle vom Linker abgespalten
  • SN-38 ist der aktive Metabolit des Topoisomerase-I-Inhibitors Irinotecan
  • Verhindert Reparatur von DNA Schäden und führt zum Zelltod
  • Handelsname ist Trodelvy
  • Wird als Infusion verabreicht

Lesen Sie mehr im Bericht "Sacituzumab Govitecan-hziy Improves Progression-Free Survival in Endocrine-Resistant Hormone Receptor–Positive/HER2-Negative Metastatic Breast Cancer"

 

 

MAINTAIN Trial:

A randomized phase II trial of fulvestrant or exemestane with or without ribociclib after progression on anti-estrogen therapy plus cyclin dependent kinase 4/6 inhibition in patients with unresectable or metastatic hormone receptor positive, HER2 negative breast cancer (Kevin Kalinksy et al. )

  • randomisierte PHASE 2 Studie mit Fulvestrant oder Exemestan plus Ribociclib oder Placebo nach Progression auf eine vorangegangene CDK 4/6 Therapie
  • 87 % der Patientinnen waren mit Palbociclib vorbehandelt
  • Endokrine Therapie erfolgte zu 83% mit Fulvestrant und zu 17 % mit Exemestan

 

Ergebnis:

Die Kombination der endokrinen Therapie mit Ribociclib war der alleinigen endokrinen Therapie überlegen. Medianes PFS von 5,3 vs 2,8 Monate und Hazard ratio von 0,57

In der Studie konnte leider nicht beantwortet werden, ob nach einem Progress mit einem CDK 4/6 Inhibitor + endokriner Therapie nur der CDK 4/6 Inhibitor geändert werden muss oder ob beide Substanzgruppen geändert werden müssen.

Durch diese kleine Studie lassen sich noch keine praxisrelevanten Veränderungen in der Klinik ableiten. Dafür sind noch weitere Daten notwendig.

 

FAKTION Trial:

Fulvestrant plus capivasertib versus placebo after relapse or progression on an aromatase inhibitor in metastatic, estrogen receptor positive breast cancer:

Overall survival and updated progression-free survival data with expanded biomarker analysis (Robert H Jones et al. )

  • Fulvestrant plus Capivasertib oder Placebo nach Progress oder Rezidiv nach einem Aromataseinhibitor

Hintergrund:

  • Ungefähr 55 % aller fortgeschrittenen Östrogenrezeptor positiven Tumore haben einen aktivierten PI3K/AKT/PTEN pathway
  • Capivasertib ist ein selektiver Inhibitor aller 3 AKT Isoformen (AKT 1/2/3)
  • Das Studienupdate konnte sowohl im progressionsfreien Überleben sowie im Gesamtüberleben einen klinisch relevanten Vorteil mit dem AKT Inhibitor Capivasertib zeigen
  • eine erweiterte Testung mit NGS (Next generation sequencing) Essays konnte eine PI3K/AKT/PTEN pathway Veränderung in 54 % der analysierten Tumorproben zeigen. Im Vergleich dazu waren es nur 42 % bei der ursprünglichen Testmethode.
  • PFS 10,3 Monate vs 4,8 Monate
  • Gesamtüberleben 29,3 vs 23,4 Monate

Die Daten waren noch besser, wenn man sich die Subgruppe der Patientinnen angeschaut hat, die einen AKT1, PTEN oder PIK3CA alterierten Signalweg hatten.

  • PFS von 12,8 vs 4,6 Monaten und ein Gesamtüberleben von 38,9 vs 20 Monate in der selektionierten Subgruppe.

Durchfall, Hautausschlag und Zuckerentgleisungen sind herausfordernde Nebenwirkungen von Capivastertib.

In der FAKTION Studie waren keine Patienten inkludiert, die zuvor einen CDK 4/6 Inhibitor erhalten haben.

Die Daten der PhaseIII CAPItello-291 Studie werden mit Spannung erwartet.

Lesen Sie hier mehr zur FAKTION Studie

 

NRG-BR002:

A Phase IIR/III Trial of Standard of Care Systemic Therapy with or without Stereotactic Body Radiotherapy (SBRT)&/or Surgical resection for newly oligometastatic breast cancer (Steven J Chimera et al)

  • Randomisierte Phase IIR/III Studie zu Standardtherapie mit oder ohne ablative Therapie mittels Radiochirurgie und/oder Resektion bei neu diagnostizierten oligometastasierten Mammakarzinomen

 

Warum hat man eine lokale Therapie in Betracht gezogen bei metastasiertem Brustkrebs?

Theorie dahinter:

  • Makrometastasen könnten leichter zu einer Therapie Resistenz führen
  • Verbleibende Metastasen könnten sich ausbreiten und so zur Entstehung von weiteren   Metastasen führen
  • Die Erkrankung von Frauen mit weniger gleich 4 Metastasen verhält sich anders als die Erkrankung bei Frauen mit exzessiver Metastasierung
  • Daher die Idee, dass eine ablative Therapie der Metastasen mittels Chirurgie oder Radiochirurgie eine Verbesserung des krankheitsfreien Überlebens oder Gesamtüberlebens  ergeben könnte, indem die bekannten Metastasen im Wachstum gebremst werden und so auch keine neuen Metastasen entwickeln können.

In die Studie konnten Patientinnen mit bis zu 4 Metastasen (Hirnmetastasen waren ein Ausschlussgrund) und einer stabilen Erkrankung unter einer laufenden Systemtherapie unabhängig vom Mammakarzinom Subtyp eingeschlossen werden.

 

Ergebnis der Studie: Leider negativ

Die Durchführung einer zusätzlichen ablativen Therapie der Metastasen bei Oligometastasierung  mittels einer körperstereotaktischen Bestrahlung oder chirurgischen Entfernung führte nicht zu einer Verbesserung des krankheitsfreien oder Gesamtüberlebens und es führte auch nicht zu einem reduzierten Auftreten von weiteren Metastasen.

 

Results from the Phase 1/2 Study of Patritumab Deruxtecan, a HER3-directed antibody drug conjugate in Patients with HER3- expressing metastatic breast cancer (Ian E. Drop et al)

  • HER3 wird von 30-50% aller Mammakarzinome exprimiert und ist mit einer schlechteren Prognose assoziiert.
  • bisher gibt es noch keine zugelassenen gegen HER3 gerichtete Therapien
  • Patritumab Deruxtecan ist ein Antikörperwirkstoff Konjugat bestehend aus einem monoklonalen Antikörper gegen HER3 der mit einem Linker an den Topoisomerase-I-Inhibitor gebunden ist
  • die Patientinnen in der Studie hatten unterschiedliche Mammakarzinom Subtypen
  • Die Patientinnen hatten und ≤ 6 frühere Chemotherapie Linien davon mindestens ≥  2 im metastasierten Setting
  • 113 Patientinnen mit HR+/HER2 - Subtyp
  • 53 Patientinnen mit triple negativen Subtyp
  • 14 Patientinnen mit HER2 positiven Subtyp
  • Der Großteil der Patientinnen hatte Lungen und/oder Lebermetastasen

Die Ansprechraten sowie das Mediane PFS lagen bei Hormonrezeptor positiven /HER2 negativen Patientinnen bei 30,1 % und 7,4 Monaten, bei den HER2 neu positiven Patientinnen bei 42,9% bzw. 11 Monaten und beim triple negativen Subtyp bei 22,6 % und 5,5 Monaten

Das Sicherheitsprofil mit Patritumab deruxtecan war moderat. Rund 10 % der Patientinnen haben die Therapie nebenwirkungsbedingt abgebrochen.

Therapiebedingte interstitielle Pneumonien kamen zu etwa 7 % als Nebenwirkung vor und waren meist geringgradig. Weiters kam es noch zu bewältigbaren hämatologischen Nebenwirkungen.

 

Analyses from PALOMA-2:

Overall survival (OS) with first line palbociclib plus letrozole versus placebo plus letrozole in women with estrogen receptor positive/her2 negative advanced breast cancer:

negative Studie

-  in der Studie konnte kein statistisch signifikanter Vorteil im Gesamtüberleben durch Hinzugabe

   von Palbociclib zu einer endokrinen Erstlinientherapie mit Letrozol gezeigt werden

  • Die Daten sind schwer interpretierbar
  • Im Gegensatz dazu konnten die Erstlinien MONALEESA Studien mit Ribociclib einen statistisch signifikanten Vorteil im Gesamtüberleben zeigen.
  • Ob dieser Unterschied aufgrund der Patientinnenselektion zustande gekommen ist oder ob es doch einen Unterschied in der Effektivität zwischen Ribociclib und Palbociclib gibt, bleibt leider unbeantwortet.

 

Contributions of screening, early-stage treatment and metastatic treatment to breast cancer mortality reduction by molecular subtype in U.S. women 2000-2017 (Jennifer Lee Caswell-Jin et al. )

  • Einfluss von Screenings, Behandlung der frühen Stadien und Behandlung der metastasierten Erkrankung auf die Brustkrebsmortalität bei US-amerikanischen Frauen zwischen 2000 und 2017

Durch alle Interventionen kam es über die Jahre zu einer 58% Reduktion in der Brustkrebssterblichkeit.

Die höchste Reduktion der Sterblichkeit konnte beim hormonabhängigen, her2 positiven Brustkrebssubtyp mit etwa 71% gezeigt werden. Beim Hormonrezeptor positiven, her2 negativen gab es eine Reduktion von 61 % und beim triple negativen Brusttyp waren es 40 %.

Dieser Überblick konnte eindrücklich den kontinuierlichen Fortschritt in der Behandlung des Mammakarzinoms darstellen.

Österreichische Krebshilfe Burgenland

Für nähere Informationen wenden Sie sich bitte an

Mag. Andrea Konrath
Geschäftsführung
Österreichische Krebshilfe Burgenland

Tel: 0650/244 08 21
E-Mail: office(at)krebshilfe-bgld.at